Der Heilige Geist und das Weihnachtsfest gehören zusammen, sagt Swen Schönheit. Gottes Geist ist der Tröster (auch in der Pandemie) und wer ihn einlässt, in dem wohnt Gott selbst. Was brauchen wir mehr?
Die Luft ist bei vielen raus. Die Stimmung ist gereizt. Kaum jemand hätte sich vor einem Jahr vorstellen können, dass wir ein zweites Weihnachten unter dem Schatten von „Corona“ feiern würden. Hinter uns liegt ein schweres Jahr, vieles bleibt unverständlich. Selbst wenn man es in den Kirchen dürfte: Zum Singen ist wohl nur wenigen zumute. „Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt?“, dichtete der katholische Theologieprofessor Friedrich Spee im Jahr 1622 (Ev. Gesangbuch Nr. 7). Damals zerriss der Dreißigjährige Krieg die Völker Europas. Ist unsere Welt 400 Jahre später noch bei Trost, während wir hierzulande Wohlstand und Frieden erleben dürfen?
Pfingsten als Parkplatz für den Heiligen Geist?
Ich meine, dass uns gerade zu Weihnachten eine entscheidende Zutat fehlt: der Heilige Geist. Wer von der kirchlichen Tradition geprägt ist, wird jetzt einwenden: „Aber an Weihnachten feiern wir doch die Geburt von Jesus, an Karfreitag und Ostern seinen Tod und seine Auferstehung!“ Genau hier liegt das Problem: Wir haben als Kirche den Heiligen Geist beim Pfingstfest geparkt, ansonsten spielt er kaum eine Rolle.
Wenn es wahr ist, dass der Heilige Geist Gottes „Windhauch“ ist, die Luft zum Atemholen unserer Seele, die bewegende Kraft, die alles verändert, wie es die Bibel bezeugt – dann leiden wir als Kirche unter akuter Atemnot. Und das nicht erst zu Weihnachten, doch da wird es auffällig: Wird die frohmachende Botschaft „Christ, der Retter ist da!“ (Ev. Gesangbuch Nr. 46)kleinlaut zurückbleiben unter allem Weltschmerz? Wird es bei Worten des Mitfühlens und der Mitmenschlichkeit bleiben, oder wird von den Kanzeln an Weihnachten 2021 die Kraft des Evangeliums ausgehen?
„Wie wäre es, wenn Weihnachtspredigten die Kraft des Heiligen Geistes bei der Geburt und bei dem Kommen Christi in unsere Welt zum Thema machten?“, fragte 2019 der emeritierte Theologieprofessor Jürgen Moltmann. „Wer hat je Pfingstpredigten zu Weihnachten oder Ostern gehört? Pfingsten ist für mich das größte Fest der Christenheit: Die neue Schöpfung hat schon begonnen und wir sind dabei.“
Jesus kommt in die Welt – und Gottes Geist wird hoch aktiv
Rund um die Geburt von Johannes dem Täufer und von Jesus wird im Lukasevangelium (Kap. 1 und 2) auffallend häufig der Heilige Geist erwähnt. Er fährt sozusagen seine Aktivität hoch in dem Moment, wo der Messias die Weltbühne betritt. Schließlich kommt es im Tempel zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen dem neugeborenen Jesus und seinen Eltern mit dem alten Propheten Simeon:
Es war ein Mensch namens Simeon in Jerusalem; und dieser Mensch war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels; und der Heilige Geist war auf ihm. Und er hatte vom Heiligen Geist die Zusage empfangen, dass er den Tod nicht sehen werde, bevor er den Gesalbten des Herrn gesehen habe. (Lukasevangelium, Kap. 2, V. 25-27)
Hier taucht zum ersten Mal im Neuen Testament ein griechisches Wort auf, das Jesus später zum Markenzeichen des Heiligen Geistes erklärt: „Paraklesis“ meint Zuspruch, Trost, Beistand, Ermutigung. Der tröstende, aufrichtende, vergebende Gott nimmt Gestalt an in seinem Sohn Jesus. Er ist Gottes Trost für eine trostlose Welt und „das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet“ (Johannesevangelium, Kap. 1, V. 9). Kommt dieses Licht in unserer Zeit durch? Kommt es bei uns an: in unseren Überzeugungen und Emotionen, in unserer Weltsicht? Wie wirksam ist die alte Botschaft: „Christ, der Retter ist da!“ – nicht nur in den Weihnachtsgottesdiensten, sondern in unseren Herzen und Häusern?
Jesus vollzieht eine Stabübergabe: an den Heiligen Geist
Auch die Jünger waren untröstlich, als Jesus von ihnen Abschied nahm. Sämtliche Hoffnungen, die sie in ihn gesetzt hatten, zerbrachen mit seinem Tod. Doch Jesus versprach seine Rückkehr – in anderer Gestalt. Er kündigte eine Art Stabwechsel an: Der Heilige Geist würde seine Rolle übernehmen. Durch ihn würde er künftig nicht nur bei ihnen sein, sondern sogar in ihnen: „Wenn ich nicht von euch wegginge, käme der Helfer nicht zu euch; wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden“ (Johannesevangelium, Kap. 16, V. 7). Das griechische Wort für „Helfer“ kann auch mit „Beistand, Ratgeber, Tröster“ übersetzt werden. Gott selbst verwendet sich für uns. Er steht uns bei. Er tröstet. So wie er es in den Zeiten der Bibel durch Jesus tat, geschieht es nun durch seinen Heiligen Geist: für alle Zeiten und überall gleichzeitig!
Ist dir diese Dimension des Geistes zugänglich? Spürst du seine Anwesenheit in deinem Herzen? Der „Tröster“, den Gott seit Pfingsten in die Welt gesandt hat, bietet den wirksamsten Schutz gegen Untergangsstimmung und Hoffnungslosigkeit. Er vermittelt inneren Frieden und Zuversicht. Er gibt uns das sichere Gefühl, von Gott geliebt zu sein (vgl. Brief an die Römer, Kap. 5, V. 3-5).
Getröstete Menschen können andere trösten
Im zweiten Brief des Paulus nach Korinth spürt man etwas von den Konflikten, Missverständnissen und Vorwürfen, gegen die sich der Apostel zur Wehr setzen musste. In keinem Brief spricht Paulus so offen von seinen Leiderfahrungen, die sein Dienst mit sich brachte. Und in keinem anderen Brief betont Paulus so stark den „Trost“ (griechisch „paraklesis“), der von Gott kommt:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, der uns tröstet in all unserer Bedrängnis, damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden. (2. Brief an die Korinther, Kap. 1, V. 3-5) Durch seinen Heiligen Geist legt Gott seinen „überreichen Trost“ auch in unsere Herzen. Nur so werden wir fähig, auch andere Menschen zu trösten! Ich danke Gott für diese Erfahrung, gerade in schwierigen Zeiten. Ich möchte mich immer wieder selbst von Gott trösten lassen. Ich möchte seinen Geist als Ermutiger, Beistand und Ratgeber an mich ranlassen – und dadurch frei sein für andere, die gerade jetzt Gottes Trost brauchen. Mehr Heiliger Geist zu Weihnachten? Unbedingt – aber nicht nur zur Weihnachtszeit!
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