Geballte Barmherzigkeit: In immer mehr Städten tun sich Christen zusammen, um gemeinsam Gutes zu tun, sagt Axel Nehlsen. Letzter Teil unserer Serie zu den fünf Grundwerten der GGE.
Urbanisierung ist ein weltweiter Megatrend. Auch hierzulande leben fast 50 Millionen Menschen in Groß- und Mittelstädten, also 60 Prozent der Deutschen. Seit rund 20 Jahren gibt es einen weiteren globalen Trend: In immer mehr Großstädten auf allen Kontinenten vernetzen sich Christen und Kirchen und bemühen sich gemeinsam „um das Wohl der Stadt“ und beten für sie. Ohne menschliche Planung tut der Heilige Geist überall Ähnliches. Die Stadtbewegungen fokussieren sich in aller Regel auf vier Ziele: Einheit der Christen, veränderndes Gebet, Gemeindegründungen und Transformation der Gesellschaft. Macht das nicht Hoffnung?
Gott kämpft aus Liebe um ganze Städte
Die wesentlichen Kennzeichen der Großstadt sind Größe, Dichte und Vielfalt der Menschen, Gruppen, Kulturen und Lebensstile. Gott sieht das als Chance für seine guten Absichten. Die Bibel erzählt, wie Gott aus Liebe zu seinen Menschen um ganze Städte kämpft: Jerusalem, Ninive, Ephesus. Die Apostelgeschichte des Neuen Testaments hat einen klaren urbanen Fokus. Die Briefe des Apostels Paulus sind Briefe aus Städten an Gemeinden in Städten. Nachweislich waren die Provinzhauptstädte für die Mission des Paulus die strategischen Ausgangspunkte. Gott liebt Städte, weil er Menschen liebt.
Jesus trägt uns die Liebe zu unserer Stadt auf
Können wir uns also bei den heutigen globalen Herausforderungen und Chancen vom Gebet für unsere Städte verabschieden? Oder von einer Erneuerung der ganzheitlichen Mission in ihnen? Das wäre eine Verweigerung des Missionsauftrages von Jesus. Jesus möchte uns „hinlieben“ zu einer neuen Hingabe an unsere Städte – und an das, was die Menschen in ihren so unterschiedlichen Milieus brauchen. Das ist eine Haltung, die der Menschwerdung Gottes in Jesus entspricht.
Von Jesus her geht es um eine unvoreingenommene Haltung, die hingeht und hinsieht, lernt und versteht, geistlich deutet und betend erkundet. Ihr Motiv ist einzig und allein Liebe! Denn „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab“ (Johannesevangelium, Kap. 3, V. 16). Wenn wir die Lebenswelten unserer Stadt mit dieser Haltung erkunden, tun wir das, um dieses Evangelium so vorzuleben und so weiterzusagen, dass die Menschen aufmerksam werden und es verstehen.
Uns in eine gottferne Umgebung integrieren
Wir können hier viel vom Propheten Jeremia lernen, der sein im Exil lebendes Volk im Namen Gottes aufforderte: „So spricht der Herr, der allmächtige Gott Israels, zu allen Verbannten, die er von Jerusalem nach Babylonien wegführen ließ: Baut euch Häuser und wohnt darin! Legt Gärten an und ernährt euch von ihren Früchten! Heiratet und zeugt Kinder! Wählt für eure Söhne Frauen aus, und lasst eure Töchter heiraten, damit auch sie Kinder zur Welt bringen. Euer Volk soll wachsen und nicht kleiner werden. Bemüht euch um das Wohl der Stadt, in die ich euch wegführen ließ, und betet für sie. Wenn es ihr gut geht, wird es auch euch gut gehen“ (Kap. 29, V. 4-7).
In einer Umgebung, die weit feindlicher als unsere war, hieß es: Kapselt euch nicht ab, sondern integriert euch in eure gottferne Umgebung – ohne dabei eure Glaubensidentität zu verlieren. Häuser bauen, Kinder zeugen, also auf Dauer einrichten sollten sie sich, ja sogar mitmischen und für das Wohl der völlig andersgläubigen Stadt sorgen und für sie beten! Denn wenn es der Stadt gut geht, geht es euch gut, sagt Gott. Das ist eine erstaunlich moderne, „missionale“ Haltung, die Gott seinem Volk empfiehlt. Das bedeutet für uns und unsere Städte heute, dass wir keine separate Subkultur, sondern eine selbstbewusste Beteiligungskultur leben sollen.
Herzen verändern – und dann die Gesellschaft
Gott liebt jeden Menschen. Jesus ist für alle gestorben. Dass jede und jeder sich das gefallen lässt und dazu Ja sagt, ist Hauptziel der Mission Gottes. Diese Verwandlung der Herzen zielt in der Folge auf die Transformation der Umgebung, auf die Veränderung von Kultur und Gesellschaft ab. Wir sprechen deshalb von der Transformation der Herzen und Verhältnisse. Gott will beides. Wir dürfen nicht weniger wollen.
So wird er auch unsere Städte verändern: Mensch für Mensch, Milieu für Milieu, Nachbarschaft für Nachbarschaft. Es wird geschehen, wenn wir uns bekehren lassen zu Gottes Herz für die Stadt. Gott hat noch viel vor mit unseren Städten. Sie sind Teil seines erneuernden und reformierenden Wirkens in Kirche und Gesellschaft.
Bibelstellen nach: Hoffnung für alle (2015)
Christliche Stadtnetzwerke (eine Auswahl):
„Gemeinsam für Berlin“ und „Gemeinsam für Stuttgart“ verbinden als Netzwerke Einzelne, Initiativen und Gemeinden zum Dienst an den Menschen der Stadt. Ebenso wie „Gemeinsam für Hamburg“, „Gemeinsam für Mannheim“ oder „Gemeinsam für Nürnberg“ und andere.
„Die Stadtreformer“ (Stuttgart) vernetzen seit 2010 Verantwortungsträger in Städten und Regionen. Sie sind Teil des internationalen „City Changers Movement“.
Auch überkonfessionelle Initiativen wie zum Beispiel das „Gebetshaus Freiburg“ vernetzen Christen zum Wohl für ihre Stadt miteinander.
„Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen; zu verkündigen ein gnädiges Jahr des HERRN und einen Tag der Vergeltung unsres Gottes, zu trösten alle Trauernden.“ (Buch des Propheten Jesaja, Kap. 61, V. 1-2). Mehr denn je erleben wir heute die Verletzlichkeit und Brüchigkeit unseres Lebens und unserer Beziehungen. Gottes Liebe gilt jedem Menschen in jeder Phase seines Lebens. Sie gilt besonders jenen, die verletzt oder benachteiligt sind und sich nach Liebe, Gemeinschaft und Heilung sehnen. Gott will das Verirrte finden, das Verlorene retten und das Verletzte heilen. Wir lassen uns anstecken von Gottes Leidenschaft und Liebe für diese Welt.
Aus der Vision der GGE zu ihrem Wert „Barmherzigkeit“
Lesen Sie mehr in:
Evangelisch 500+
Alte Schätze. Frischer Glaube. Neue Wege
Gundula Rudloff und Henning Dobers (Hrsg.)
Was kommt eigentlich nach dem Reformationsjubiläum? Immer so weiter? Wohl kaum. Wer will, dass die Kirche bleibt, wie sie ist, will nicht, dass sie bleibt. Vor diesem Hintergrund ist EVANGELISCH500+ zu verstehen wie eine dankbar-selbstkritische Liebeserklärung an eine alte Kirche mit chancenreicher Zukunft. EVANGELISCH500+ wirbt für eine geistliche Energiewende in Kirche, Theologie und Gemeinde – damit nicht alles so bleibt, wie es ist.
328 Seiten, Hardcover, für € 6.95 erhältlich im GGE Verlag
So ein „christliches Stadtnetzwerk“ suche ich für München. Die eigene Gemeinde ist leider zu klein, um genügend Leute für Initiativen wie z.B. „Worship im Park“ zusammenzubekommen.