Christen auf der ganzen Welt gehören zusammen – und sind Teil der verfolgten Gemeinde. Von Syrien kann der „Westen“ lernen, im Glauben krisenfest zu sein. Von Markus Rode
Die Corona-Pandemie hat unser Leben plötzlich verändert. Milliarden Menschen machen sich weltweit Sorgen um ihre Zukunft. Und während sich in Europa Freiheiten Schritt für Schritt zurückkehren, bleibt doch die Unsicherheit, wie es weitergeht. Als Christen in einer westlichen Gesellschaft, die ausschließlich auf ihre eigenen Fähigkeiten vertraut, stehen wir grundsätzlich in der Gefahr, den Tiefgang im Glauben oder sogar den Glauben an Jesus ganz zu verlieren. Doch dann wären wir nur noch Teil dieses Systems, das so denkt, glaubt und hofft, wie es die von Gott abgewandte Welt tut.
Jesus ist mitten in der Krise da
Welche Bedeutung hat Jesus in unserem Leben – in dieser oder einer anderen Krise? Seit über 17 Jahren darf ich mich im Dienst von „Open Doors“ für verfolgte Christen einsetzen. Dadurch habe ich Einblicke in das Leben unserer Glaubensgeschwister gewonnen, die dauerhaft in Krisen leben müssen. Mehr als 260 Millionen von ihnen erleiden weltweit ein hohes bis extremes Maß an Verfolgung. Deshalb sehen sich viele Armut, Folter, Gefängnis, Flucht und sogar dem Tod ausgesetzt, nur weil sie sich zu Jesus bekennen.
Pandemie verschärft Lage in Syrien
Vor einigen Monaten, noch vor „Corona“, bin ich nach Syrien gereist, in eines der schlimmsten Krisengebiete der Welt. Man muss wissen, dass geschätzt 500.000 Syrer während des Krieges getötet wurden. Von der Gesamtbevölkerung – rund 19 Millionen – wurden etwa 6,2 Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben und 6,7 Millionen flohen ins Ausland. Ich sah das unvorstellbare Ausmaß der Zerstörung und die Armut der Menschen. In Aleppo traf ich Pastor Abdallah. Über 90 Prozent seiner Gemeindeglieder sind auf Überlebenshilfe angewiesen. Nachdem der Krieg weitgehend beendet war, hatten die Menschen gehofft, dass es besser wird, doch ihre Hoffnung wurde enttäuscht. Die syrische Währung verlor rapide an Wert und die Menschen kämpfen täglich ums Überleben. Auch viele Kinder müssen arbeiten, damit ihre Familien überleben können. Und dann auch noch die Pandemie.
Aleppo: Die Freude ist übernatürlich
Pastor Abdallah bat mich, in seiner Kirche zu predigen. Als Mitarbeiter von „Open Doors“ werden wir immer wieder gebeten, Christen vor Ort durch das Wort Gottes zu ermutigen und für sie zu beten. Oft stehe ich dann vor Menschen, die unvorstellbares Leid erlebt haben. Doch wenn sie anfangen Gott zu loben und zu preisen, spüre ich seine Gegenwart und eine Freude bei diesen Christen, die nur übernatürlich sein kann. Auch dieses Mal, in der Allianzkirche im Herzen von Aleppo.
Als Bibelvers für meine Predigt wählte ich Hebräer 11,1 – Gott vertrauen heißt: sich auf das verlassen, was man hofft, und fest mit dem rechnen, was man nicht sehen kann. Diesem Vers folgen die Zeugnisse von Vorbildern des Glaubens wie Abraham und Noah, die in den unmöglichsten Situationen Gottes Zusagen vertrauten (vgl. Hebr 11,4-38). Ich weiß, dass Bibelworte keine leeren Durchhalteparolen, sondern verlässlich sind, weil Jesus zu seinen Zusagen steht.
Verfolgte Christen wissen um Kraft des Gebets
Das erleben verfolgte Christen auf der ganzen Welt. Oftmals haben sie keine anderen Sicherheiten. Und in dieser Glaubensgewissheit und der Kraft des Heiligen Geistes können Christen überall Jesus bezeugen, auch wenn sie dafür einen hohen Preis bezahlen.
Dass Jesus gerade mitten in Verfolgung oder Krisen wirkt, zeigt sich auch daran, dass viele Muslime in die syrischen Kirchen kommen und Jesus Christus im Glauben annehmen. Ob in Syrien oder anderen Ländern, die auf dem Weltverfolgungsindex für die stärkste Christenverfolgung stehen: Die Christen dort bitten uns immer zuerst um Gebet, denn sie wissen um seine Kraft.
Es gibt nur einen Leib Jesu
Und Jesus hat uns als Glieder an seinem Leib zusammengestellt, damit wir uns helfen und füreinander eintreten. Wenn das geschieht, wird der „Blutkreislauf zwischen den Gliedern des Leibes Christi“ wiederhergestellt und der ganze Leib wird gestärkt – so nenne ich es. Dadurch können wir alle die Krisen im Glauben besser bestehen und das Evangelium auch unter schwierigen Bedingungen verkündigen. Ein Freund aus dem Nahen Osten sagte mir einmal: „Es gibt keine zwei Gemeinden Jesu – die eine in Verfolgung und die andere im Urlaub. Auch ihr seid Teil der verfolgten Gemeinde.“ Das hat mir die Augen geöffnet.
Während es scheint, dass die westlichen Länder die Pandemie langsam in den Griff bekommen, stehen hunderttausende Menschen in Asien, dem Nahen Osten und Afrika aufgrund der Corona-Beschränkungen vor dem Hungertod. Viele Christen werden von Hilfslieferungen ausgeschlossen oder auch als Verursacher der Pandemie bezeichnet und deshalb von Dorfgemeinschaften ausgegrenzt und geschlagen. Gerade diese Glaubensgeschwister haben uns mitgeteilt, dass sie das Leid der Pandemie in westlichen Ländern so sehr bewegt hat, dass sie für uns beten.
Der Blick auf die Ewigkeit setzt frei
Krisen wie die Corona-Pandemie kommen Geburtswehen gleich, die auf die Wiederkunft von Jesus Christus hinweisen. Nun sind verstärkt auch unsere westlichen Länder betroffen. Die Bibel macht im Römerbrief deutlich, dass die Schöpfung, also auch die Erde, vergehen wird, der Mensch jedoch nach Gottes Plan auf Unvergänglichkeit angelegt ist (Kap. 8,19-21). Diese Unvergänglichkeit ist das ewige Leben. Johannes 3,16 offenbart diesen Plan, den wir allen Menschen bekanntmachen sollen: „Denn so [sehr] hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat.“
Jesus ist das tragende Fundament durch alle Krisen hindurch bis zu seiner Wiederkunft: Wer an den Sohn glaubt, empfängt ewiges Leben. Das neu zu verinnerlichen, setzt uns frei von Ängsten und lässt uns Träger der lebendigen Hoffnung sein – einer Hoffnung, die diese Welt gerade jetzt so dringend braucht.