Hast du heute schon das Schöne gefeiert?

Ein aufwändig aufgeführtes Brahms-Oratorium ist eigentlich zweckfrei, sagt Kirchenmusikerin Maraike Richter. Aber es feiert verschwenderisch Gottes Schönheit – so wie die Schöpfung. Es ist Anbetung pur.

Maraike Richter dirigiert das „Paulus“-Oratorium von Felix Mendelssohn-Bartholdy in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover (Masterabschluss in Orchesterleitung, 2017). Foto: Sarah Fischer
Maraike Richter dirigiert das „Paulus“-Oratorium von Felix Mendelssohn-Bartholdy in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover (Masterabschluss in Orchesterleitung, 2017). Foto: Sarah Fischer

Generalprobe
Stefan (ein ehemaliger Schüler von mir) und ich hörten zu
Stefan staunte
über den Klang des großen Orchesters
über die Melodieführungen von Johannes Brahms
über den gewaltigen Chor im weiten Kirchraum
ohne Worte
aber ich spürte in ihm die große Sehnsucht nach schöner Musik

„Ein deutsches Requiem, nach Worten der Heiligen Schrift“ war, was wir hörten.

Die ganz praktisch und effizient denkenden Menschen unter uns werden meinen: Wozu all das Ganze? Wozu so viel Zeit- und Geldaufwand für eine Stunde Oratorium? Die peinlich genauen Vorschriften, wer wo wann was zu tun hat – so nutzlos, verwickelt und künstlerisch. Affig – die Menschen vorne einheitlich gekleidet, geordnet stehend, viel zu ernst blickend.

Doch die Frage nach dem Zweck ist ernst zu nehmen. Wer diese Frage stellt, stellt eine gute Frage.

Die Fülle der Natur dient nicht nur einem Zweck

Gewiss gibt es viele Lebensbereiche, in denen zweckmäßig gedacht werden sollte. Es gibt aber auch andere. Haben Blätter und Blüten einen Zweck? Klar, sie dienen dem Leben der Pflanzen. Aber sie müssten nicht diese oder jene Gestalt oder Farbe haben. Wozu überhaupt diese Vergeudung von Formen, Farben und Düften in der Natur? Warum so viele Arten im Pflanzen- und Tierreich? Es ginge doch auch so viel einfacher!

Die ewige Weisheit spricht (im Buch der Sprüche, Kap. 8, V. 30): „Da war ich bei ihm (Gott), alles ordnend, und zwar in Entzücken Tag um Tag, spielend vor ihm allezeit, spielend auf dem Erdkreis“. Es ist die Freude des ewigen Vaters, dass der Sohn, die vollkommene Fülle aller Wahrheit (Johannesevangelium, Kap. 1, V. 14-18 und Kap. 14, V. 6), in unaussprechlicher Schönheit diesen unendlichen Inhalt ausströmt – ohne allen „Zweck“, aber voll Lebenssinn und -freude: ER „spielt“ vor Ihm. Wie es Romano Guardini in „Vom Geist der Liturgie“) schrieb: „Das ist Spiel: zweckfreies, sich ausströmendes, von der eigenen Fülle Besitz ergreifendes Leben, sinnvoll (…) in seinem reinen Dasein.“

Neben der Natur kennen wir noch zwei andere Bereiche, in denen „gespielt“ wird: das Spiel von Kindern und das Schaffen der Künstler.

Weil Gott es wert ist …

Wozu die riesigen Orgeln in der Kirche, die uralten Oratorien, das jahrelange Üben von Instrumenten? Mein Versuch einer Antwort: Es ist Meisterschaft und Spielerei. Warum? Weil Gott allein es wert ist, um seiner selbst willen alle Beachtung, Aufmerksamkeit und Ehre zu erhalten.

Es ist daher eine Übung der Anbetung Gottes, dich zu fragen: Wo nimmst du heute etwas Schönes wahr?
Was kannst du heute Schönes tun?

Maraike Richter dirigiert das „Paulus“-Oratorium von Felix Mendelssohn-Bartholdy in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover (Masterabschluss in Orchesterleitung, 2017). Foto: Sarah Fischer
Maraike Richter dirigiert das „Paulus“-Oratorium von Felix Mendelssohn-Bartholdy in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover (Masterabschluss in Orchesterleitung, 2017). Foto: Sarah Fischer

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Maraike Richter

Maraike Richter und ihr Mann Daniel arbeiten als Kantoren-Ehepaar in Hilden (bei Düsseldorf). Maraike träumt davon, klassische Kirchenmusik mit der Leidenschaft von Lobpreis erklingen zu lassen.

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Ein Gedanke zu “Hast du heute schon das Schöne gefeiert?

  1. Von ganzem Herzen ja und Amen dazu! Gott hat Kreativität, die Freude am Erschaffen und den Blick für Schönheit in uns angelegt, weil wir nach seinem Bild geschaffen sind. Und er hat uns die Fähigkeit zum Genuss gegeben, was für ein Geschenk! Lasst es uns gebrauchen!

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